Der Solar-Bauer

Seit Generationen lebt die Familie von Josef Ecker im niederbayerischen Landshut. Doch die Ernte, die der knorrige Spross einer Bauersdynastie heutzutage einfährt, braucht keinen Mähdrescher, kein Feld und keinen Dünger …

Josef Ecker, Helmut Schratzenstaller und Marina Friedberger

Mittlerweile ist Josef Ecker ein bekanntes Gesicht in der Szene der regenerativen Energieerzeugung. Wer das Vergnügen hat, den rührigen Unternehmer an seinem Firmensitz bei Landshut zu besuchen, der wird zunächst von einem fränkischen Idyll empfangen. Inmitten von Kornfeldern liegt ein auf den ersten Blick typischer Bauernhof. Viel Holz, ein langgestrecktes Haupthaus, Scheunen, landwirtschaftliche Maschinen. Auf den Dächern funkeln Solarpaneele – Alltag im ländlichen Lebensraum.

Bauer sucht Strom

Doch wer auf den Hof des Betriebs einbiegt, wird von der Energiewende empfangen. Dutzende von schwergewichtigen Transformatoren warten auf den Einbau in ihre passenden Ortsnetzstationen, hinter den offenen Scheunentoren wollen große Schaltanlagen auf ihren Einsatz vorbereitet werden. Josef Ecker und sein Team planen, entwickeln, installieren und betreiben Solarparks bis weit über die bayerischen Landesgrenzen hinaus.

„Ein bisschen Landwirtschaft, ein bisschen Elektriker – das wird für’s Leben schon langen“ – Josef Eckert muss selber schmunzeln, wenn er von den Anfängen seiner Unternehmung erzählt.  „Mittlerweile habe ich aber gar keine Zeit mehr für Landwirtschaft.“ 2008 startete der umtriebige Bauerssohn seinen „Nebenerwerb“ des Elektrobetriebs. „Anfangs war das eine One-Man-Show, zusammen mit einigen Studenten. Und von Beginn an ausschließlich im Solarbereich. Ein Öko bin ich aber überhaupt nicht“, lacht Josef Eckert. „Ich habe Landwirtschaft und Elektriker gelernt, beides vollwertige Ausbildungen. Der eigentliche Antrieb zum Schwenk in Richtung Elektrobetrieb war damals die Perspektivlosigkeit in der Landwirtschaft. Wir haben 1990 den Milchviehbetrieb aufgegeben, 1998 sind die letzten Tiere vom Hof gegangen. Aber die Symbiose aus Landwirtschaft und Photovoltaik war ideal, denn wir hatten große Gebäude und passende Flächen, die wir zur Aufstellung der Anlagen brauchen. Ich hatte den Bezug, spreche die Sprache der Landwirtschaft. Noch heute sind rund 50 Prozent unserer Kunden Landwirte.“

Mittlerweile beschäftigt Josef Ecker gut 60 Mitarbeiter, die sich um Planung, Aufbau und Betrieb von Solarparks kümmern, „von klein bis groß“.  Ecker ist vor allem im bayerischen Raum aktiv („da, wo man unsere Sprache spricht und versteht“). Dabei ist das Unternehmen auch sein eigener Kunde, denn Ecker betreibt zusätzlich eigene Solarparks. Das Hauptaugenmerkt liegt aber auf dem Aufbau von Solarparks für Kunden. Die kommen längst nicht mehr nur aus der Landwirtschaft: „Heute sind auch die Gewerbetreibenden eine große Zielgruppe, denn die wollen weg von den hohen Strompreisen.“

Potz Blitz und Steuerung

Doch längst sind Josef Ecker und sein Team weit über die Grenzen des so geliebten Freistaats hinaus bekannt. Und das hat mit dem typisch bajuwarischen Eigensinn zu tun. „Und mit unserer Sparsamkeit“, wie Helmut Schratzenstaller schmunzelnd ergänzt. Der gelernte Elektriker hat sich tief in die Welt der IT und der Steuerungen gefräst und ist heute einer der Experten, wenn es um die Programmierung der Anlagen von Ecker geht.

Marina Friedberger und Helmut Schratzenstaller

Eines Tages legte ein heftiges Gewitterband, das sich über fast ganz Bayern erstreckte, reihenweise die Solarparks lahm. „Wir konnten das zwar über unsere Fernwartung erkennen“, erklärt Josef Ecker, „doch dann musste ein Fachmann mit entsprechender Berechtigung, um Mittelspannung schalten zu dürfen, alle Anlagen abklappern und wieder ans Netz bringen. Und wenn dann doch ein Fehler in der Anlage war, hat der Schutzschalter wieder ausgelöst, und der Techniker musste erneut in die Anlage. Und keiner wusste so recht, warum. Das hat Zeit und Geld gekostet. Also haben wir uns mit den Themen Steuerung und Schaltschrankbau aus eigener Hand beschäftigt und recht zügig eine eigene Lösung entwickelt.“

Es blieb nicht beim Schaltschrank. „Wir haben erste Betonfertighäuschen erworben, in die wir dann unsere Schaltanlagen und Messfelder installiert haben. Mit diesen Komplettlösungen sind wir dann auf die Intersolar 2019 gegangen, mit einem ganz rudimentären Stand und zunächst wenig Aufmerksamkeit. Aber wir haben erste Anlagen verkauft. Das war Inspiration genug, um das Thema weiterzuentwickeln.“

Der Handwerker wurde zum Unternehmer. Er gründete die Firma „Trafomacher“. „So konnten wir mit unseren Steuerungs- und Messanlagen auch auf fremden Solarparks installiert werden, ohne dass der Name Elektro Ecker einen zu großen Konkurrenzgedanken aufkommen lässt“, beschreibt Josef Ecker die Hintergründe seiner zwei Firmen unter einem Dach.

Wenn’s vorne zwickt

Zum Gesamtkonzept der Schaltanlagen gehört ein Einspeiseregler, der am Einspeisepunkt installiert wird. Hier greift der jeweilige Netzbetreiber auf die Anlage zu, um sie so zu regeln, dass das Stromnetz stabil bleibt und die unvermeidlichen Schwankungen der Erneuerbaren Energien keine Schäden im Netz anrichten. „Aber wir wollten verstehen, was dieser EZA-Regler eigentlich kann. Das war zunächst nur eine Black Box, die wir bezahlt haben. Wir als Projektierer hatten keinen Einblick, was die Stromnetzbetreiber letztlich darin regeln und treiben, nachdem unsere Anlagen angeschlossen wurden.“

Für einen bajuwarischen Freigeist ein Unding: „Also haben wir den ersten eigenen Regler aufgesetzt, gleich auf der PLCnext-Plattform von Phoenix Contact. Damals brauchte man den zertifizierten Regler noch nicht. Und mithilfe der Bibliotheken der PLCnext und der Expertise meiner Mitarbeiter haben wir diesen Regler immer weiter angepasst an Normen und Anforderungen. Heute sind wir mit dem zertifizierten EZA-Regler von Phoenix Contact unterwegs. Und wir schließen nicht nur PV-Anlagen direkt ans Mittelspannungsnetz an, sondern verkaufen die Anschlüsse auch an andere PV-Anlagenbauer. 80 bis 90 Prozent der Stationen auf unserem Hof gehen an andere Anlagenbauer.“

Helmut Schratzenstaller ergänzt: „Je mehr man sich auf Steuerungsseite mit Photovoltaik befasst, desto mehr komplexe Themen kommen dazu. Das unterscheidet uns auch von den Mitbewerbern. Die meisten konzentrieren sich auf einzelne Bereiche, ob Regler oder Steuerung oder Anschluss. Wir liefern die gesamte Bandbreite von A bis Z. Daher können wir auch Einfluss nehmen auf viele Parameter. Wenn‘s vorne zwickt, wissen wir, wo wir hinten was ändern können, damit es passt. Das macht uns schnell und handlungsfähig, also auch unabhängig.“

David und Goliath

Stolz fügt Josef Ecker hinzu: „Um die Bedienung der Anlage zu vereinfachen, sind wir dabei, eine eigene Bedien- und Parametrieroberfläche zu programmieren. Mit den Experten von Phoenix Contact kommunizieren wir mittlerweile auf Augenhöhe.“ Marina Friedberger schmunzelt: Manchmal sind wir auch schon eine Nasenspitze weiter.“ Die Diplomingenieurin verstärkt das Team von Elektro Ecker seit drei Jahren. Davor war sie im Automobilbau beschäftigt, hat unter anderem Lackieranlagen automatisiert. „Wir sind Praktiker, die sehr nahe an den tatsächlichen Betreibern sind. Das gibt uns einen Vorsprung, auch vor großen Unternehmen wie Phoenix Contact“, erklärt sie. Heute ist Elektro Ecker einer der Solution Partner im Netzwerk von Phoenix Contact, betreut also auch Kunden im Lösungsgeschäft.

Die Themen, die das Team anpackt, gehen weit über den reinen Anschluss von Solarparks hinaus. Der Fachmann geht ins Detail: „80 bis 90 Prozent der Solarparks bauen auf 800 Volt in der Niederspannung. Diese Stromnetze dürfen aber keine Erdverbindung vom Trafo-Sternpunkt her haben und sollen dafür eine Isolationsüberwachung besitzen. Daher fordern die Wechselrichterhersteller inzwischen überall IT-Netze, über die sie diese Überwachung durch den Wechselrichter bis auf die Modulebene im Solarpark ermöglichen. In einem neuen Solarpark ist das kein Problem. Aber die Nachrüstung bestehender Anlagen ist ein Problem, denn das Material der Isolierung altert ja und wird brüchig. Daher wollen wir das Überwachungsrelais der Trafostation so erweitern, dass wir das Relais mitschreiben und eine Vorwarnung ausgeben können. Zudem wollen wir im Fall einer Auslösung durch den Leistungsschalter unterscheiden können, ob es eine Frequenz- oder Spannungsauslösung einer untergeordneten Schutztechnik war oder tatsächlich eine Isolationsauslösung erfolgte.“

Transparentes Netz

Ein anderes Thema sorgt bei dem selbstbewussten Unternehmer für Zornesfalten: Die teils wenig durchsichtigen Abregelmaßnahmen der Energienetzbetreiber sorgen bei den Solarparkbetreibern, also den Kunden von Ecker, für massive Einkommensverluste. „Wir erleben häufig, dass diese Abschaltungen begründet werden mit Netzstabilität. Doch die finanziellen Ausgleiche, die in diesen Fällen gesetzlich geregelt sind, werden nicht an die Betreiber zurückgeleitet, obwohl sie ihnen zustehen würden. Das sind Verdienstausfälle von vielen tausend, oft auch mehreren 100.000 Euro. Wir tracken per VPN den Zustand der Anlagen, halten das auf einem eigenen Portal in einer Datenbank fest und dokumentieren dies für die Betreiber. So haben wir eine sehr gute Übersicht, was eigentlich im Netz los ist.“

„Die Zielsetzung ist, dass wir alle fünf Minuten festhalten, wie der Stand der Einspeisung ist und ob vom Netzbetreiber geregelt wird, und diese Daten dann exportieren und dem Solarparkbetreiber zur Verfügung stellen können. So weiß der am Ende des Tages, was er wirklich verdient hat. Und kann damit zum Netzbetreiber gehen und auf seine finanziellen Forderungen pochen. Die Oberfläche, die wir dafür nutzen, haben wir auf Basis der PLCnext-Technologie des EZA-Reglers entwickelt.“

Diese Transparenz sei für die Energieversorger anfangs sehr überraschend gewesen, fährt Josef Ecker fort. Und wohl auch nicht sonderlich willkommen, denn es gäbe grobe Ungleichbehandlungen einzelner Betreiber an ganz ähnlichen Standorten. Damit bekommen die Landshuter und ihre Kunden ungeahnte Einblicke in die Architektur der Energieversorgung, wie Helmut Schratzenstaller bestätigt: „Wir sehen immer wieder, dass an einem schönen sonnigen Tag in Deutschland rund 30 bis 40 Prozent der Anlagen abgeregelt werden. Nach unserer Meinung erfolgt diese Abregelung zu häufig und zu drastisch. Und das ist ganz unterschiedlich, von Netzbetreiber zu Netzbetreiber.“ Immerhin gibt es davon in Deutschland rund 850, mit teils sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen.

Handelsware Strom

Und während der Landshuter mit seinem Team auf der Betreiberseite für reichlich Furore sorgt, widmet er sich schon ganz neuen Aufgaben: „Unser nächstes großes Thema sind Batteriespeichersysteme. Denn die arbeiten technisch mit einer ganz anderen Ansteuerung auf die Frequenzen im Stromnetz.  Und die Betreiber von Großspeichern blicken ganz anders auf Stromnetze. Da kommen dann die Direktvermarkter ins Spiel. Da haben wir auch finanziell eine ganz andere Präsenz drin.“  Helmut Schratzenstaller erklärt die neue Sichtweise: „Die Direktvermarkter, die ja an der Strombörse aktiv sind, regeln alle in einem Zeitfenster von 15 Minten. Bei super Börsenpreisen können die teilnehmenden Parkbetreiber zum Beispiel 15 Minuten voll einspeisen. Kehrt sich das aber um und die Preise fallen, dann kommt der Befehl, 15 Minuten gar nichts einzuspeisen. Oder den Strom im Batteriespeicher einzulagern. Dank der „tollen“ Internetabdeckung in Deutschland kann es aber passieren, dass bei Regelbefehlen gerade mal das Internet komplett weg ist und diese Steuerungsbefehle ins Leere laufen. Dann speist der Park weiter ins Netz ein, obwohl er das nicht soll. Oder bleibt abgeregelt, obwohl der Strompreis an der Börse wieder attraktiv ist. Das führt dann schnell zu vertraglich festgelegten Konventionalstrafen. Und die sind erheblich, das geht schnell in fünfstellige Bereiche. Für 15 Minuten fehlerhaftes Einspeisen! Das kann natürlich kein Parkbetreiber riskieren.“

„Daher arbeiten wir tatsächlich an Lösungen, die Trafostationen gleich mit Starlink-Modulen auszustatten, um zuverlässig echtzeitfähig zu sein“, skizziert Josef Ecker die nächsten Herausforderungen. „Verglichen mit den möglichen Konventionalstrafen sind die Kosten für das Satellitennetz dann Peanuts.“
Die Lösungen, die Elektro Ecker hier auf Basis der Einspeiseregler von Phoenix Contact entwickelt, sind für das gesamtdeutsche Stromnetz von großem Interesse. Man darf daher gespannt sein auf die nächsten Neuigkeiten vom Bauernhof bei Landshut.

Elektro Ecker
Die Trafomacher

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"